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12. Ich habe ein Haus und bin trotzdem überschuldet. Kann ich einen Insolvenzantrag stellen?

Haben Sie sich für ein Insolvenzverfahren entschieden und möchten Sie Ihre Immobilie trotzdem versuchen zu retten, sollten Sie zunächst mit der Hypothekenbank klären, ob sie mit einer Fortführung des Vertragsverhältnisses einverstanden ist auch wenn Sie einen Insolvenzantrag stellen. Gab es bislang keine gravierenden Zahlungsstockungen, sollte dies kein Problem sein. Bausparkassen sind hier allerdings mit „Vorsicht zu genießen“ – fragen Sie unbedingt hierzu in deren Rechtsabteilung nach!!!

Hat die Bank einer Fortführung zugestimmt, dürfen Sie nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Zahlungen aus Ihrem unpfändbaren Einkommen an die Hypothekenbank leisten. Da es in diesem Punkt immer wieder zum Streit mit dem Insolvenzverwalter kommt, ist eine Zahlung der Raten durch Dritte, die sichere Variante.

Eine selbstgenutzte Immobilie muss also im Insolvenzverfahren nicht verloren gehen! Sie sollten sich aber sehr ernsthaft fragen, ob Sie die Fortsetzung der Ratenzahlungen langfristig sicher stellen können, da Ihnen ja nur der pfändungsfreie Betrag zur Verfügung steht.

Übersteigt die aktuelle Forderung der im Grundbuch eingetragenen Gläubiger den Wert der Immobilie, wird ein Insolvenzverwalter i.d.R. kein Interesse an der Versteigerung der Immobilie haben. Existiert kein potentieller Käufer, wird er die Immobilie aus der Insolvenzmasse freigeben. D.h., Schuldner und Gläubiger, die im Grundbuch eingetragen sind, entscheiden wieder allein über alle Belange, die die Immobilie betreffen. Ab Freigabe ist damit auch wieder der Schuldner zuständig für alle neuen Verbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit der Immobilie nach Insolvenzeröffnung neu entstehen.

Forderungen aus Strom- und Heizungsabrechnungen, Hausverwaltungskosten, kommunale Steuern sowie Müll- und Abwassergebühren, die nach Insolvenzeröffnung entstehen, stellen neue Schulden dar, für die es im Insolvenzverfahren keine Restschuldbefreiung geben wird. Bis zur Freigabe der Immobilie durch den Insolvenzverwalter haftet die Insolvenzmasse für die Zahlung dieser Beträge. Der Schuldner kann somit Rechnungen dieser Gläubiger an den Insolvenzverwalter weitergeben. Dies führt häufig zur schnellen Freigabe der Immobilie.

Nach Eröffnung muss die Bank entscheiden, ob sie die Forderung beim Insolvenzverwalter anmeldet oder darauf verzichtet. Üblicherweise meldet die Bank die Forderung an und der Verwalter erkennt sie „für den Ausfall an“. Dies heißt, dass die Bank im Laufe des gerichtlichen Insolvenzverfahrens (also ungefähr innerhalb des ersten Jahres nach Eröffnung) die Immobilie verwerten und den Schaden, der ihr entstanden ist, benennen muss. Tut sie dies nicht wird der Insolvenzverwalter die Forderung aus der Gläubigertabelle streichen.

Machen Sie sich klar, dass alle wertsteigernden Maßnahmen an der Immobilie die Möglichkeiten zum freien Verkauf erhöhen! Dies wird nur dann ein Vorteil für Sie sein, wenn Sie durch den Verkauf der Immobilie das Insolvenzverfahren beenden können. Nach Freigabe der Immobilie durch den Insolvenzverwalter und bei gleichzeitiger Erfüllung des Vertrages mit der Hypothekenbank können Sie soviel renovieren wie Sie möchten (und Geld haben).

Hat der Insolvenzverwalter die vom Schuldner selbstgenutzte Immobilie noch nicht freigegeben, kann er vom Insolvenzschuldner eine angemessene Nutzungsentschädigung verlangen, wenn dieser keine Zahlungen an den Hypothekengläubiger leistet. Zur Zahlung kann allerdings nur der Schuldner selbst herangezogen werden, nicht die Familienmitglieder. Bewohnt eine 4-köpfige Familie eine Wohnung würde somit 1/4 einer ortsüblichen Miete von dem Schuldner verlangt werden können.

Nach Freigabe der Immobilie durch den Insolvenzverwalter entfällt das Recht des Verwalters auf Einzug einer Nutzungsentschädigung!